Ständerat ab nächstem Frühling elektronisch
vonDer Ständerat wird ab Frühling 2014 elektronisch abstimmen - über 20 Jahre nach Einführung der ersten Anlage im Nationalratssaal. Die in den Medien breit ausgewalzten Zählpannen der vergangenen Session generierten einen derartigen Druck auf die kleine Kammer, dass dieser Entscheid im Frühling dieses Jahres unausweichlich wurde.
Wie im Nationalratssaal wird ab nächstem Frühling jedes Ratsmitglied von seinem Pult aus abstimmen. Die Ergebnisse werden auf drei Bildschirmen im Saal angezeigt. Wie beim Nationalrat werden die Daten nach den Abstimmungen in Form von Namenslisten auf der Website des Parlamentes veröffentlicht, wie das Büro des Ständerates gestern mitteilte.
Offenbar lässt sich die Installation aus dem Nationalratssaal nicht einfach duplizieren. Gemäss Mitteilung des Büros des Ständerates müssen „sämtliche Elemente“ der 600‘000 Franken teuren Anlage „spezifisch entwickelt“ werden.
Auch wenn sich trefflich darüber streiten lässt, ob Transparenz (k)ein Selbstzweck sei oder ob die politische Kultur jetzt leide oder nicht : Es ist nicht einzusehen, weshalb die Abstimmungsergebnisse der kleinen Kammer nicht elektronisch erhoben und der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden sollen. Es handelt sich dabei ja durchaus nicht um ein neumodisches Experiment, sondern um eine Abstimmungsmethode, welche seit 1993 in der grossen Kammer ohne Konflikte und Widersprüche praktiziert wird. Mit diesem Entscheid wird der Ständerat lediglich zum europäischen Normalfall – nichts mehr, aber auch nichts weniger.
Noch ein Wort zur speziellen politischen Kultur im Ständerat: Die viel beschworene “chambre de réflexion” verändert sich immer mehr zu einer “normalen zweiten Kammer”: Der Ständerat ist in der schweizerischen Ausprägung des Zweikammersystems eine gleichwertige zweite Kammer mit denselben Aufgaben wie der Nationalrat, im Gegensatz zum Beispiel zu Österreich, wo die kleine Kammer primär bei Verfassungsgesetzen oder Staatsverträgen in Erscheinung tritt. Aus dieser Optik mag man dem Ständerat eine qualitativ hochwertige “Reflexions”-Funktion weiterhin wünschen, ein Grund für eine gesonderte Behandlung bei der Abstimmungsmethode ist das jedoch nicht. Die Reflexion ist durchaus auch elektronisch möglich.