Aug
18

Zwei Irrtümer zur Macht von Lobbyisten

von

Gastbeitrag von Lukas Golder, gfs.bern

Geld ist ein Machtmittel, aber die Demokratie ist nicht käuflich. In diesem Zusammenhang sollte man auch mit populären Irrtümern rund um Lobbyismus aufräumen. Zwei Gegenthesen.

1. Populärer Irrtum: Bezahlte Interessenvertretung ist korrupt

Medien berichten über Interessenvertretung manchmal so, als ob Bezahlung für eine bestimmte professionelle Stellungnahme und Einflussnahme in das politische Geschehen das Gleiche wie Korruption ist. Sie sollten es besser wissen: Ich wünsche auch Medienschaffenden, dass sie für ihre professionelle Leistung bezahlt werden. Und ich hoffe, dass Medienschaffende genauso wie Lobbyisten nicht korrupt sind. Der Fehlschluss ist vorgelagert. Wenn sich Akteure entscheiden, Geld in die Hand zu nehmen, um ein politisches Anliegen zu vertreten, dann tun sie dies nicht, um zu korrumpieren, sondern um ihrem eigenen Interesse genügend Gehör zu verschaffen. Es gibt zwar einen vermuteten Zusammenhang zwischen “lauter” und “überhaupt” gehört werden und der Interessenrealisation. Aber ein Akteur, der in einem fairen Geschäft legitime Mittel in die Hand nimmt, um seinem Interessen Gehör zu verschaffen, tut nicht, weil er etwas zu verbergen hat. In dem Fall wählt er nämlich tatsächlich besser die Korruption. In so einem Prozess sind “Have-Nots” schlechter gestellt: Interessen, die sich nicht mit Geld finanzieren lassen. Deshalb braucht es auch Korrektive: Nichtregierungsorganisationen oder freiwillig politische Aktive im Milizsystem und Medien, welche solchen Interessen Gehör verschaffen. Auch Medien machen nicht etwas völlig anderes als Lobbyisten. Sie verschaffen Anliegen Gehör. Manchmal helfen sie auch mit, Interessen zu realisieren. Das wichtigste Korrektiv ist aber das Volk. Wenn es sich von gewissen Interessen nicht überzeugen lässt, dann stellt es sich als letzte Instanz dagegen. Das ist schon oft passiert. Im Wettstreit der Meinungen und Interessen spielen Medien und Lobbyisten eine wichtige Rolle. In einem frühen Prozess der Meinungsbildung ist das gut so. Dass auch Interessen vertreten sind, wo Gewinne und damit Geld erwirtschaftet wird, muss gar nicht schlecht sein. Neben einem starken politischen System braucht es auch eine starke Wirtschaft, die Geld erwirtschaftet. Egal in welchem Sektor und mit welchem Produkt. Die Realität zeigt, dass vor allem junge und innovative Branchen auf professionelle Lobbyarbeit zurückgreifen, weil sie noch nicht fest in das politische System eingebunden sind. Wer also auf Lobby-Profis schiesst, meint eigentlich junge und innovative Wirtschaftszweige.

Meine Antithese zum ersten populären Irrtum: Unternehmen, die innovativ, erfolgreich und an der Schweizer Gesellschaft interessiert sind, entscheiden sich oft für eine bezahlte Interessenvertretung. Korruption ist der verbotene Weg der Erfolglosen.

2. Populärer Irrtum: Lobbyismus ist intransparent.


Seit Jahren vertreten wir die These, dass Campaigning und Lobbyismus enger zusammen wachsen müssen. Der Teil der öffentlichen Meinungsbildung über Massenmedien und der Interessenbündelung in einer frühen Phase des öffentliche Handelns wachsen immer näher zusammen. Macht gewonnen haben in diesem Prozess primär die Massenmedien. Erfolgreiche Lobbyisten arbeiten heute demnach nicht mehr nur in der Lobby. Sondern sie begeben sich in die grosse, offene Arena der massenmedialen Meinungsbildung. Selbstverständlich legen sie dabei nicht immer alle Karten offen. Politik ist ein komplizierteres strategisches Spiel als Poker und oft geht es auch um mehr als nur um Geld. Deshalb verwundert es nicht, wenn manchmal gewisse Karten verdeckt bleiben oder sogar noch ein Ass im Ärmel steckt. Statt dem Irrtum der fehlenden Transparenz zu erliegen, würden Massenmedien besser nach den versteckten Karten suchen. Das macht mehr Spass.

Meine Antithese zum zweiten populären Irrtum: Lobbyisten, die innovativ, erfolgreich und an der Schweizer Gesellschaft interessiert sind, operieren clever und nicht von Anfang an völlig transparent. Sie setzen aber verstärkt auch in einer frühen Phase der Meinungsbildung auf den öffentlichen Meinungsmarkt.

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Kategorien : Lobbying

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