Archiv für öffentliche Verwaltung
Dass die Verwaltung selbst lobbyiert, also Einfluss auf das Parlament nimmt, wird oft beklagt. Es ist indes eine Selbstverständlichkeit und – zumindest teilweise – nachvollziehbar. Die Grenzen scheinen aber dort erreicht, wo die Verwaltung Aufträge an sich selbst erteilt oder verhindert.
Der ehemalige economiesuisse-Chefökonom Rudolf Walser stellt in einem aktuellen avenir suisse – Blogbeitrag fest, dass es “gegenüber den Regulierungsaktivitäten der Verwaltung bisher keine Waffen” gebe, während Lobbyisten von Firmen und Verbänden über Standesregeln, Lobbyregister und die Offenlegung von Interessenbindungen unter Kontrolle gebracht werden sollen.
Das ist wohl richtig, wir müssen uns aber von der zu einfachen Sichtweise lösen, die Verwaltung sei lediglich ein ausführendes Organ der Regierung und habe keinen Einfluss auszuüben: Die Verwaltung ist seit Beginn des 20. Jahrhunderts nicht mehr nur eine Eingriffsverwaltung, sondern eine Leistungsverwaltung, die sich mit Aufgaben der Daseinsvorsorge befasst. Entsprechend ist sie auch ein Hort von teilweise hoch spezialisiertem Expertenwissen. Ergo spielt sie im Diskurs um politische Lösungen notwendigerweise eine wichtige Rolle. Umgekehrt sind Anspruchsgruppen, die aus der Optik von Wirtschaft oder Gesellschaft politische Ideen entwickeln, gut beraten, den Dialog auch mit der Verwaltung zu suchen. Kurz: Wirtschaft und Gesellschaft haben alles Recht, ihre Ideen geltend zu machen und mit der Verwaltung verhält es sich genau gleich. Mark A. Saxer hat diese Gedanken in einem lesenswerten Analysebeitrag im Buch “Innen- und Aussenpolitik von Unternehmen” im Detail ausgeführt.
Im Fazit ist Rudolf Walser zuzustimmen: “Lobbying ist kein Privileg der Wirtschaft”. Die Beteiligung von Interessengruppen ausserhalb von Verwaltung und Politik am Lösungs-Diskurs eine Frage maximaler Organisation und Beharrlichkeit bei gleichzeitig kluger Kompromissfähigkeit. Das heisst: Eine gute Governance von Unternehmen und Organisationen hat die Aufgabe, den kontinuierlichen Dialog mit der Verwaltung inhaltlich, organisatorisch und prozessual zu organisieren.
“Den Stand dieser Dinge (in Sachen Lobbying) beleuchtet ein bemerkenswertes Buch, das von Insidern geschrieben wurde.” Claude Longchamp.
Im Zuge des Sessions-Startes waren die Lobbyisten anfangs letzter Woche wieder in allen Medien (u.a. NZZ, SRF Eco oder TA newsnetz). Da trifft es sich inhaltlich ausgezeichnet, dass unser Public Affairs- und Corporate Governance-Buch “Innen- und Aussenpolitik von Unternehmen” seit Mitte letzter Woche im Buchhandel erhältlich ist. Am 4. März wurde es in einer Buchvernissage der Öffentlichkeit vorgestellt. Hier ein paar Einblicke in das Buch, die Liste wird bei Bedarf erweitert:
Die Herausgeber Andreas Hugi (links) und Ronny Kaufmann (rechts) anlässlich der Vernissage ihres Buches, in der Mitte Claude Longchamp, gfs.bern
Die FDP-Fraktion forderte in der letzte Woche zu Ende gegangenen Sommersession mehr Transparenz des Bundes bei Vergabe von PR-Mandaten. Dazu hat sie ein Postulat eingereicht, in welchem sie vom Bundesrat eine regelmässige Berichterstattung bei der Vergabe von Mandaten an PR-Agenturen fordert.
Die PR-Tätigkeiten und Informationskampagnen des Bundes seien – so die FDP-Fraktion in ihrem Postulat – immer wieder Gegenstand der Medienberichterstattung – leider fehle die Transparenz vollkommen. Weil bisher offenbar keine Daten zur Zusammenarbeit mit PR-Firmen erhoben würde, möchte die FDP-Fraktion den Bundesrat mit der regelmässigen Berichterstattung über die nachfolgenden Punkte beauftragen:
- Wie viele Mandate werden vergeben, und was ist deren Inhalt? Welche Firmen werden berücksichtigt? Wie erfolgt das Auswahlverfahren? Weshalb werden externe Kommunikationsspezialisten beigezogen?
- Existiert eine einheitliche Vergütungspraxis? Wie hoch sind die Saläre, und wie gross ist die Bandbreite zwischen geringstem und höchstem Stunden- resp. Tagesansatz?
Ursprung dieser parlamentarischen Intervention ist die Hörgeräte-Kampagne des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV), welche viel medialen Wirbel erzeugt hatte.Die FDP-Fraktion schreibt in ihrer Begründung, dass angesichts der grossen Kommunikationsstäbe in der Verwaltung „der Beizug von Fachleuten (…) auf ein Minimum reduziert werden (soll)“.
Der Blog Wandelhalle.ch versteht sich als Diskussionsplattform für Themen aus dem Umfeld der politischen Kommunikation. Er richtet sich nicht nur an aktive Kommunikationsfachleute, sondern auch an alle interessierten Kreise aus Politik, Wirtschaft, öffentliche Verwaltung und Gesellschaft.
Offiziell heute am 1. September 2009 lanciert, nimmt er sich auch schwerpunktmässig der Transparenz-Diskussion um das Lobbying in der Schweiz an. Die redaktionelle Verantwortung übernehmen die beiden Initianten Andreas Hugi (Furrer.Hugi&Partner) und Markus Kaufmann (complizen). Es ist unser erklärtes Ziel, aktuelle und relevante Themen möglichst kontrovers diskutieren zu können.
Hierfür werden auch Beiträge von Gastautoren auf diesem Blog publiziert. Die Diskussion soll transparent und öffentlich geführt werden. Transparenz ist denn auch unser Credo für unsere Arbeit in der politischen Kommunikation.