Archiv für Herbstsession
Breaking News aus der Wandelhalle: Zum Ende der Herbstsession wurden am Donnerstag im Nationalrat zwei Vorstösse eingereicht, welche ein transparentes und verbindliches Lobbyregister fordern: Nationalrätin Edith Graf-Litscher (SP) fordert zusammen mit 45 Mitunterzeichnern (!) in einer parlamentarischen Initiative gesetzliche Bestimmungen, welche den Zugang von Lobbyisten zum Parlamentsgebäude regeln. Die gleiche Stossrichtung hat eine Motion von Nationalrat Lukas Reimann (SVP). Die grosse Zahl der Mitunterzeichner sowie die gewählten Formen der Vorstösse lassen darauf schliessen, dass es den beiden Parlamentariern von links und rechts sehr ernst mit diesem Anliegen ist.
Beide Parlamentarier fordern die Büros der eidgenössischen Räte auf, eine Akkreditierung für Lobbyisten (analog Bundeshausjournalisten) und ein öffentliches Register zu schaffen. Zudem seien Kriterien zu definieren, nach welchen die Lobbyisten akkreditiert werden können. Die Lobbyisten sollen unter anderem verpflichtet werden, ihre Mandate oder ihre Arbeitgeber (Verband, Firma) offenzulegen.
Im Vorfeld der nahenden Herbst-Session hört man, dass sowohl von links als auch von rechts parlamentarische Vorstösse zum Themenkomplex Lobbyisten/Transparenz/Zugang zur Wandelhalle/Lobbyregister vorbereitet werden. Kommt das Thema jetzt auf die politische Agenda, nachdem das Parlament 2001/2002 wenig Interesse daran gezeigt hat?
Die folgenden Punkte wären zu diskutieren, in Frage zu stellen und allenfalls zu regeln:
- eine eigene Akkreditierung für Lobbyisten (analog Bundeshausjournalisten), gekoppelt an ein öffentlich einsehbares Register (z.B. auf der Parlamentswebsite, mit Foto)
- Offenlegung der Mandate der akkreditierten Lobbyisten (analog EU und USA)
- Definition, wer Lobbyist ist und wie mit Rechtsanwälten zu verfahren ist, die Mandate betreuen und sich auf ihr Anwaltsgeheimnis berufen (wollen)
- Regelung, wie mit den Besucherausweisen der Parlamentarier weiter zu verfahren ist (ersatzlose Streichung zugunsten neuem Register oder paralleles Weiterbestehen)
- Kodex der Lobbyisten (analog EU-Kodex)
- Angst vor einer “Überschwemmung der Wandelhalle” nehmen
Die Diskussion ist lanciert, oder?
Gastbeitrag von Ständerat Bruno Frick (CVP/SZ)
Überraschungen gibt es nach 18 Jahren Ständeratsarbeit noch immer. Diese Sommersession war die aufreibendste. Nicht nur in meiner Erfahrung, sondern seit Bestehen des Ständerates. Während dreier Wochen tägliche Sitzungen und Beratungen. Sie beginnen morgens in der Regel um sieben Uhr und enden abends nach acht Uhr. Kaum Pausen, etwas zu essen. Und fragen Sie mich bitte nicht, wie das Wetter in Bern die vergangenen drei Wochen war. Ich weiss nur, dass ich meinen Regenmantel nur einmal anzog.
Was ist denn los in Bern? Ich stelle drei Gründe fest: Viele grosse Geschäfte sind gleichzeitig reif geworden, doch der Ständerat neigt neuerdings ebenfalls zu Hyperaktivität und vor allem zu Geschwätzigkeit. Noch nie habe ich erlebt, dass so viele anspruchsvolle und gewichtige Geschäfte im Ständerat in einer Session gleichzeitig anfielen: grosse Mehrwertsteuer-Reform, Arbeitslosenversicherung, AHV-Revision, Kulturförderung und Pro Helvetia, Dauerbrenner Krankenversicherung, Aktienrecht. Hinzu kommen zwei Volksinitiativen und zahlreiche weitere Geschäfte, die vorbesprochen und beraten sein sollen.
Zahl der Lobbyisten steigt
Noch nicht genug. Selbst Ständerätinnen und Ständeräte zeigen sich neuerdings hyperaktiv. Mehr als achtzig persönliche Vorstösse (Motionen, Postulate und interpellationen) von Ratsmitgliedern sind zu beraten. Wenn jeder im Schnitt nur eine Viertelstunde beansprucht, werden daraus zwanzig Sitzungsstunden.