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Man könnte sagen, dem Berufsverband der Lobbyisten sei der Kragen geplatzt: Nach sechsjähriger Nicht-Debatte im Parlament und mehreren parlamentarischen Nicht-Entscheiden in Sachen Lobbytransparenz ist die Schweizerische Public Affairs-Gesellschaft SPAG selbst aktiv geworden und hat gestern an ihrer Mitgliederversammlung ein Selbstregulierungsmodell verabschiedet (siehe auch NZZ-Beiträge vom 11.3. und 12.3. dazu). Zentrales Element ist dabei ein öffentliches online-Register der SPAG-Mitglieder, in welchem die inhouse-Lobbyisten den Namen ihres Arbeitgebers resp. die Agenturlobbyisten “alle Auftraggeber, die durch das jeweilige SPAG-Mitglied direkt betreut werden” offenlegen müssen.
Die frisch überarbeitete Website der SPAG sieht im Mitgliederbereich bereits die Möglichkeit vor, Auftraggeber aufführen zu können. In der praktischen Umsetzung wird die SPAG gar nicht anders können, als auf das Prinzip der Selbstdeklaration zu setzen und wird wohl ihre Mitglieder regelmässig auffordern, ihre Kundenliste à jour zu halten. Untenstehender Prinscreen zeigt, wie das Transparenzregister am Beispiel des Autors dieses Beitrages aussehen könnte.
Geregelt ist das Transparenzregister in den am Dienstag verabschiedeten neuen Standesregeln des Verbandes. Diese formulieren auch klar und eindeutig, dass die Angaben im Transparenzregister (also auch die Offenlegung der Mandate) “Voraussetzung einer Mitgliedschaft” sind.
Diese Initiative des Berufsverbandes der Lobbyisten ist zu begrüssen und die klare Verabschiedung der neuen Standesregeln ist ein starkes Signal der Branche – vor allem gegenüber dem sich in dieser Frage windenden Parlament. Trotzdem wäre es nach wie vor wünschbar, dass das Parlament selbst mit einem Transparenzregister vorwärts macht und damit den unseligen “Badge-Basar” durch eine saubere Akkreditierungslösung ersetzt. Man darf gespannt sein, ob die Selbstregulierung durch die Branche hier Tempo in diesen Prozess bringt.
Lobbyparlamentarier, lobbyierende Verwaltung und die bösen Lobbyisten
Posted by: Andreas Hugi | Comments (2)Der politische Druck, den Zugang der Lobbyisten zum Parlamentsgebäude formal zu regeln, steigt. Die tatsächlichen Herausforderungen sind jedoch andere: Lobbyisten und Parlamentarier müssen – gerade in unserem Milizsystem – bezüglich Transparenz gleich geregelt werden. Und: Das stärkste Lobbying betreibt sowieso die Verwaltung. Dies das Fazit einer wissenschaftlichen Tagung zum Lobbyismus in der Schweiz.
Die Schweizerische Gesellschaft für Rechtsetzung (SGG) hat ihre diesjährige Jahrestagung am 23. Mai dem Thema „Lobbyismus“ gewidmet. Ein bunter Reigen von 12 Referenten sprach vor den 120 Teilnehmern aus Verwaltung, Wissenschaft und Kommunikationsbranche.
Von „Schleppern“ im „Badgebasar“
FDP-Nationalrat Andrea Caroni, Verfasser einer chancenreichen Lobbytransparenz-Initiative, schlug zu Beginn gleich einige markige Pfosten ein, als er die Parlamentarier als „Schlepper der Lobbyisten“ bezeichnete, da diese ihre Zutrittsbadges für den Zugang zur Wandelhalle an Lobbyisten abgeben. Dieses System (Caroni: „Badgebasar“) müsse schleunigst durch ein sauberes Akkreditierungssystem ersetzt werden. Die Herausforderung dabei sei, dass in unserem System eine “Einswerdung zwischen Politikern und Lobbyisten” herrsche. Caroni sprach auch vom „Lobbyparlamentarier“.
Die Verwaltung auf Lobbypfaden
Salome von Greyerz vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) wagte sich in der Folge auf das heikle Terrain des Umgangs der Verwaltung mit der Lobbyarbeit. Sie stellte zwar unmissverständlich klar, dass sie nicht darüber sprechen werde, ob und wie die Verwaltung selbst lobbyiere, es wurde im Verlaufe ihrer Ausführungen jedoch unmissverständlich klar, dass die Verwaltung teilweise tatsächlich das Selbstverständnis hat, direkten Einfluss im Parlament wahrzunehmen. Interessant waren ihre Ausführungen zu den immer öfter stattfindenden informellen Anhörungen durch die Verwaltung (vor der eigentlichen Vernehmlassung), in welchen Verbände und Kantone frühzeitig „abgeholt“ werden sollen. Dass dieses Vorspuren nicht immer erfolgreich ist, zeigte die Referentin am Beispiel des Präventionsgesetzes auf. Von Greyerz: “Der frühzeitige Einbezug der Interessenvertreter ist keine Garantie für den Erfolg in der parlamentarischen Phase”.
Lobbyisten in direkter Konkurrenz zu den Medien
Lobbyst Stefan Wyer (Dr. Schenker Kommunikation) positionierte die Lobbyisten als direkte Konkurrenten der Medien, welche unter Umgehung der “vierten Macht” direkt mit den Politikern sprechen. Diese absolut zutreffende Analyse erklärt das bisweilen äusserst gespannte Verhältnis zwischen den Interessenvetretern und den Medienschaffenden. Wyer plädierte zudem für klare Lobbying-Spielregeln, sprach sich aber gegen eine staatliche Regulierung aus.
„Die Verwaltung macht die Gesetze“
Ueli Stückelberger, Direktor des Verbandes öffentlicher Verkehr (VöV) und ehemaliger Mitarbeiter der Bundesverwaltung, räumte brutal mit einigen liebgewordenen Illusionen in unserem Staatswesen auf: Die Verwaltung mache die Gesetze, nicht Parlament oder Bundesrat. Zudem lese lediglich ein Drittel der Parlamentarier die Gesetzesnovellen/Botschaften und Anträge dazu schrieben nicht die Parlamentarier, sondern die Verbände und wieder die Verwaltung. Die anwesenden Verwaltungsvertreter schwankten zwischen diskret-zustimmendem Nicken und leichter Empörung. François Baur, ständiger Delegierter der economiesuisse in Brüssel widerlegte die Vermutung, die Schweiz und deren Wirtschaft sei auf EU-Ebene nicht präsent. Sie ist es, wenn auch nur mit einer einzigen Person. Caroline Hess-Klein vom centre Egalité Handicap stellte zum Schluss des Vormittages die koordinierten Lobbyingaktivitäten der Behindertenorganisationen in der Schweiz vor.
In einer nachmittäglichen „carte blanche“ stellte Guy Krneta Lobbyingaktivitäten aus dem Kunstbereich vor und stellte en passant die spannende Frage, ob Michael Steiners Flüchtlings-Film in den Medien ebenso skandalisiert worden wäre, wenn er diesen Film für Amnesty International und nicht für economiesuisse gedreht hätte. Eine bemerkenswerte Aussage von jemandem, der nicht im Verdacht steht, economieuisse nahe zu stehen.
Schmiermittel des politischen Systems
Lorenz Bösch (BHP Hanser und Partner) bezeichnete – als ehemaliger Regierungsrat und heutiger Lobbyist – die Lobbyarbeit als „Schmiermittel des politischen Systems“ und attestierte dieser, dass sie zu guten Lösungen beitragen kann. Der aktuellen Transparenzdebatte und der oftmals postulierten Angst vor zu starken Lobbyisten kann er nicht viel abgewinnen, da die Politiker und die Verwaltung ja selbst entscheiden, von welchen Lobbyisten sie sich beeinflussen lassen.
Lobbyisten: Eine gute Quelle für Journalisten
Markus Häfliger, Chef der NZZ-Bundeshausredaktion gestand, dass er mit Lobbyisten spreche – eine Aussage, welche ihn in den Augen so mancher „ethisch reiner“ Kollegen wohl komplett desavuiert. Als Journalist nehme er Informationen, woher er sie kriegen könne, meinte Häfliger – auch von Lobbyisten. Die Frage, wem diese Information nütze oder schade, dürfe ihn als Journalisten nicht interessieren, sofern die Information verifiziert sei. Er schob indes gleich ein „aber” nach: Der Lobbyist sei sehr wohl eine potentielle journalistische Quelle, aber eine die möglicherweise vergiftet sei.
Selbstregulierung durch die Branche?
Thomas Sägesser, Generalsekretär des Zuger Innendepartementes und Mitglied einer Arbeitsgruppe des Lobbyverbandes SPAG votierte für eine Selbstregulierung durch die Lobbyistenbranche: Die Branche habe ein ureigenes Interesse an Regeln. Nötig sei ein öffentlich einsehbares Register, ein Verhaltenskodex sowie Sanktionsmöglichkeiten (Zusammenfassung des Referates). Verwaltungsrechtler Felix Uhlmann, Ordinarius für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Zürich, unterstützte diese Haltung: Eine staatliche und somit strenge(re) Regulierung sei kein Garant für eine bessere Demokratie und der “interessanteste” Teil des Rechtsetzungsverfahrens, nämlich die vorparlamentarische Phase, sei weder in den „Vorbildern“ USA und EU noch in den Plänen bezüglich Lobbytransparenz in der Schweiz berhaupt nicht geregelt. Vor allem müsse vorab die Frage geklärt werden, wen man überhaupt regeln wolle: Die Lobbyisten oder die Belobbyierten (Parlamentarier)?
Das Fazit aus dieser Tagung: Der politische Druck, den Zugang der Lobbyisten zum Parlamentsgebäude formal zu regeln steigt. Die tatsächliche Herausforderungen sind jedoch andere: Die Transparenz bei Lobbyisten und Parlamentarier muss – gerade in unserem Milizsystem – analog geregelt werden. Und: Das stärkste Lobbying betreibt sowieso die Verwaltung.
Die im letzten Wandelhalle-Beitrag angekündigte parlamentarische Initiative von FDP-Nationalrat Andrea Caroni, welche “klare Spielregeln und Transparenz für die Interessenvertretung” schaffen will, wurde in der Sondersession anfangs Mai von 63 Mitunterzeichnern eingereicht. Die Liste liest sich wie ein “who is who” der eidgenössischen Räte: Max Binder und Christoph Blocher (SVP) unterstützen den Transparenzvorstoss ebenso wie CVP-Präsident Christophe Darbellay, BDP-Präsident Martin Landolt, FDP-Präsident Philipp Müller und FDP-Fraktionschefin Gabi Huber. Von linker Seite unterstützen Lobbytransparenz-Vorreiterin Edith Graf-Litscher (SP), SP-Fraktionschef Andy Tschümperli sowie die Grünen Ueli Leuenberger, Alec von Graffenried und Balthasar Glättli. Caroni (32) konnte als Vertreter der “U35″-Fraktion zudem auch einige junge Kolleginnen und Kollegen überzeugen. So zum Beispiel Christian Wasserfallen (31), Nadja Pieren (32), Cédric Wermuth (26), Lukas Reimann (30) oder Martin Candinas (32). SVP-Präsident Toni Brunner hätte gut in diese Riege gepasst, ist jedoch nicht als Mitunterzeichner aufgeführt.
Zudem gehören 20 der 25 Mitglieder der staatspolitischen Kommission des Nationalrates (SPK-N), welche die parlamentarische Initiative zuerst behandeln wird, zum Kreis der Mitunterzeichner. Mit dieser Ausgangslage sollte es ein Leichtes sein, die bisher feststellbare Lethargie in Sachen Regulierung der Lobbyistentätigkeit zu durchbrechen. Caroni fordert in seinem Vorstoss die Ablösung des bestehenden “Götti-Systems” (Zuteilung der Zutrittskarten zum Bundeshaus über die Parlamentsmitglieder), Transparenz über Mandate und Arbeitgeber der Lobbyisten, klare Verhaltensregeln im Bundeshaus, Sanktionsmöglichkeiten sowie die Prüfung der Selbstregulierung durch die Branche.
Der Ständerat hat heute eine parlamentarische Initiative, welche eine Akkreditierung für Lobbyisten schaffen wollte, erstaunlich knapp mit 19 zu 17 Stimmen abgelehnt. Beobachter gingen von einer deutlichen Ablehnung dieses Vorstosses aus.
Ständerat Didier Berberat wollte mit seiner parlamentarischen Initiative eine dauerhafte oder vorübergehende Akkreditierung für Lobbyisten einführen, welche an Bedingungen geknüpft gewesen wäre (v.a. transparentes Register und Offenlegung der Mandate der Agenturlobbyisten). Berberat wollte damit „den Lobbyismus transparenter machen“. Die in Berberats Vorstoss angetönte Unzufriedenheit der Räte mit der heutigen Situation, kam auch in der Debatte im Ständerat zum Ausdruck. Die Votantinnen und Votanten störten sich aber weniger an der heutigen Intransparenz als vielmehr an den überfüllten Cafés und Vorzimmern sowie an den durch Lobbyisten besetzten Arbeitsplätzen. Die Mehrheit der Ständerätinnen und Ständeräten machte klar, dass sie daran festhalten möchten, dass die Ratsmitglieder weiterhin an zwei Personen nach freiem Ermessen Zutrittsausweise abgeben können.
Vergeblich forderte Ständerat Gutzwiller seine Kollegen auf, mit der Unterstützung dieses Vorstosses für einen „geregelten und transparenten Zugang für Lobbyisten“ zu sorgen. Gutzwiller empfindet es als „Ärgernis, dass wir selber diese Badges verteilen müssen“, ist mit dieser Meinung offenbar aber in der Minderheit. Ständerat Minder kündigte in einem engagierten Votum bereits einen weiteren Vorstoss in Sachen Lobbytransparenz an, das Thema wird die eidgenössischen Räte also auch in Zukunft beschäftigen.
Hat die staatspolitische Kommission des Ständerates (SPK-S) Angst vor zuviel Lobbyisten? Nachdem die nationalrätliche Kommission am 14. Januar die parlamentarischen Initiative Graf-Litscher “Lobbying und Transparenz im Bundeshaus” unterstützt hat, hat gestern die ständerätliche Kommission die Initiative deutlich mit 6 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt. Begründet wurde die Ablehnung mit der Befürchtung, dass sich mit einem Lobbyregister und der Pflicht zur Offenlegung von Lobbymandaten die Zahl der Lobbyisten, welche sich inskünftig im Bundeshaus tummeln könnten, deutlich erhöhen könnte.
Neben dieser doch recht eigentümlichen Argumentation fällt vor allem auf, dass sich dem Vernehmen nach vor allem linke Parlamentarier gegen die Transparenzbemühungen der Initiative gestellt haben. Immerhin hat die Kommission festgehalten, es zu prüfen bleibe, “ob eine grössere Transparenz nicht auch ohne Gesetzesrevision erreicht werden kann, indem z.B. die Ausweise für den Zutritt zum Parlamentsgebäude mit genaueren Angaben über die Funktion ihrer Trägerinnen und Träger versehen werden.”
Bei Annahme der Initiative durch beide Kommissionen hätten direkt die Gesetzgebungsarbeiten beginnen können. Nun wird der Vorstoss irgendwann im Plenum des Nationalrates diskutiert. Die Chancen auf Unterstützung sind dabei als gering einzustufen.
Gastbeitrag von Nationalrätin Edith Graf-Litscher (SP/TG)
Die Interessenvertretung ist ein legitimes Element in einem demokratischen Land. Die heutige Regelung für den Zugang von Lobbyisten zum Bundeshaus ist jedoch unbefriedigend und nicht transparent. Mit meiner Parlamentarischen Initiative 09.486 – “Lobbying und Transparenz im Bundeshaus”- möchte ich für klare Verhältnisse sorgen.
Die parlamentarische Initiative verlangt:
Es sind die gesetzlichen Bestimmungen zu schaffen, wie der Zugang von Lobbyisten zum Parlamentsgebäude und die Akkreditierung von Lobbyisten neu zu regeln sind, damit folgende Bedingungen erfüllt sind:
- Es ist eine eigene Akkreditierung für Lobbyisten zu schaffen (analog Bundeshausjournalisten), gekoppelt an ein öffentliches Register (z.B. auf der Parlamentswebsite, mit Foto);
- Es sind Kritierien zu definieren, nach welchen die Lobbyisten akkreditiert werden können. Sie sind gesetzlich zu verpflichten, ihre Mandate offenzulegen respektive ihre Arbeitgeber (Verband, NPO, Firma) anzugeben;
- Mit der Definition, wer als Lobbyist oder Lobbyistin zu akkreditieren ist, muss gleichzeitig eine verbindliche Regelung geprüft werden, wie mit Rechtsanwälten zu verfahren ist, die Mandate betreuen und sich auf ihr Anwaltsgeheimnis berufen.
Gastbeitrag von Nationalrätin Barbara Schmid-Federer (CVP/ZH)
Selten ist im Parlament ein Geschäft derart mehrheitsfähig wie die Forderung nach einem transparenten Lobbyistenregister. Das ist auch gut so, denn Heimlichkeiten schaden nicht nur dem Parlament sondern der Politik als Ganzes.
Leider wird in der aktuellen Diskussion zu viel darüber diskutiert, was Lobbyisten alles deklarieren müssen: Mandate, Bezüge, absolute Zahlen, relative Angaben, weitere Interessenbindungen, etc. Diese etwas gar aufgeblähte Debatte könnte einen kontraproduktiven Effekt hervorrufen.
Lobbyisten sind in der Schweiz – mit wenigen Ausnahmen – kein Problem. Sie sind loyale Mitarbeitende des Parlamentsbetriebs, und ohne sie wäre die Informationsbeschaffung zu manchem Spezialgebiet schlicht nicht zu bewältigen. Die VertreterInnen dieser Lobbyistengruppe aber sind erfahrungsgemäss jederzeit bereit, offenzulegen, was sie warum und für wen tun.
Lobbyisten sollten meines Erachtens offenlegen, dass sie als Lobbyisten tätig sind und in welcher Fachsparte sie spezialisiert sind. Eine solche Liste dürfte transparent im Internet publiziert werden. Schlimmstenfalls würden gewisse Lobbyisten ihre Arbeit nicht mehr in der Wandelhalle, sondern ausserhalb des Bundeshauses tätigen – dies soll uns nicht daran hindern, einfache Regeln zu erstellen.
Ich hoffe, dass wir dieses Thema rasch angehen, uns auf eine pragmatische Lösung einigen, und uns dann wieder den gesamtgesellschaftlich zentraleren Geschäften zuwenden.
Gastbeitrag von Ständerat Bruno Frick (CVP/SZ)
Überraschungen gibt es nach 18 Jahren Ständeratsarbeit noch immer. Diese Sommersession war die aufreibendste. Nicht nur in meiner Erfahrung, sondern seit Bestehen des Ständerates. Während dreier Wochen tägliche Sitzungen und Beratungen. Sie beginnen morgens in der Regel um sieben Uhr und enden abends nach acht Uhr. Kaum Pausen, etwas zu essen. Und fragen Sie mich bitte nicht, wie das Wetter in Bern die vergangenen drei Wochen war. Ich weiss nur, dass ich meinen Regenmantel nur einmal anzog.
Was ist denn los in Bern? Ich stelle drei Gründe fest: Viele grosse Geschäfte sind gleichzeitig reif geworden, doch der Ständerat neigt neuerdings ebenfalls zu Hyperaktivität und vor allem zu Geschwätzigkeit. Noch nie habe ich erlebt, dass so viele anspruchsvolle und gewichtige Geschäfte im Ständerat in einer Session gleichzeitig anfielen: grosse Mehrwertsteuer-Reform, Arbeitslosenversicherung, AHV-Revision, Kulturförderung und Pro Helvetia, Dauerbrenner Krankenversicherung, Aktienrecht. Hinzu kommen zwei Volksinitiativen und zahlreiche weitere Geschäfte, die vorbesprochen und beraten sein sollen.
Zahl der Lobbyisten steigt
Noch nicht genug. Selbst Ständerätinnen und Ständeräte zeigen sich neuerdings hyperaktiv. Mehr als achtzig persönliche Vorstösse (Motionen, Postulate und interpellationen) von Ratsmitgliedern sind zu beraten. Wenn jeder im Schnitt nur eine Viertelstunde beansprucht, werden daraus zwanzig Sitzungsstunden.