Feb
08

“Piacere, sono un lobbista”

von

Dieses Interview zu den neusten Lobbytransparenz-Versuchen des Ständerates erschien am 8. Februar 2018 in der Tessiner Tageszeitung “Giornale di Popolo”. Übersetzung: Angelo Geninazzi

gdp furrerhugi 080218Eine neue parlamentarische Initiative zur Lobby-Transparenz verlangt, dass jedem Mitglied der Bundesversammlung nur ein Badge für die Lobbyisten zur Verfügung steht, und dass dieser die Mandate sowie die Auftraggeber offen legen muss. Was meinen Sie zu dieser Initiative und dessen Inhalten?

Wir setzen uns für transparentes Lobbying ein, publizieren alle unsere politischen Mandate auf der Website unserer Agentur  und fordern schon seit Jahren ein transparentes Lobbyregister: Wir möchten, dass sich Lobbyisten offiziell im Bundeshaus akkreditieren können und dafür alle ihre Mandate offenlegen müssen. Der aktuelle Vorschlag des Ständerates ist aber ein mutloses Festhalten am bisherigen intransparenten System, verbunden mit dem Versuch, die Anzahl Lobbyisten zu begrenzen, obwohl wir gar kein Mengenproblem haben.

Die Initiative verlangt letztlich mehr Transparenz im Lobbying im Bundeshaus. Sind Sie mit dieser Vision einverstanden?

Absolut. Dass Firmen, Verbände und Stiftungen ihre Interessen via Lobbying im politischen Prozess wahrnehmen ist fester Teil unseres politischen Systems und wir erachten das als wichtig und richtig. Die Öffentlichkeit hat aber ein Anrecht darauf zu erfahren, wer in die politischen Entscheidungsprozesse involviert ist. Darum würden wir ein öffentliches Lobbyregister begrüssen, nicht zuletzt auch, um dem notorisch schlechten Ruf der Lobbyisten etwas entgegen zu setzen: Dabei gibt es aber wohl kaum eine Dienstleistungsbranche, die mehr im Rampenlicht steht und transparenter ist, als die Lobbyisten: Am Ort mit der wohl höchsten Mediendichte der Schweiz – in der Wandelhalle in Bern – arbeitet die überwiegende Mehrheit nach den Verhaltensgrundsätzen der Branche, legt gegenüber den Parlamentarieren ihre Kunden offen und arbeitet moralisch integer. Dies gilt für sowohl für die inhouse-Lobbyisten der Firmen, Verbände und NGO als auch für die Agenturlobbyisten, die im Auftrag ihrer Kunden unterwegs sind.

Unter den Gegner der Interessenvertreter (Lobbyisten) im Parlament ist man der Meinung, dass die Parlamentarier zu den notwendigen Informationen kommen via Internet oder durch den direkten Kontakt mit Interessengruppen, jederzeit und ortsunabhängig. Sind sie einverstanden?

Ja, natürlich und eben dieser „direkte Kontakt mit Interessengruppen“ nennt man Lobbying: Lobbying wird nicht nur von Grosskonzernen betrieben, sondern auch von Gewerkschaften, Umweltverbänden, Bauernverbänden, Kantonen und Sportorganisationen. Sie alle sorgen dafür, dass unsere Politiker die unterschiedlichen Positionen zu politischen Geschäften erfahren um diese dann gegeneinander abwägen zu können. Wer die Lobbyisten verteufeln und aus dem Bundeshaus werfen will, der bedenke: Viele parlamentarische Geschäfte wären für unsere Milizpolitiker ohne die Übersetzungsarbeit und Komplexitätsreduktion durch Lobbyisten gar nicht mehr zu bewältigen. Lobbyisten üben eine wichtige Aufgabe im politischen Prozess aus. Diese Arbeit in der Nähe der Macht bedingt aber verantwortungsvolles Handeln und Transparenz.

Es gibt noch einen weiteren Grund, der gegen die Verlagerung des Lobbying ausserhalb des Bundeshauses spricht. Lobbying kann man nicht verbieten – und es ist auch nicht wünschenswert – und genau aus Transparenzgründen ist es für alle gut, wenn dieses stattfindet wo auch Medien und weitere Akteuren dabei sind. Falls das nicht mehr möglich sein wird, werden Lobbying Aktivitäten ausserhalb des Bundehauses stattfinden, in Orten die „wenig kennen und niemand sieht“. Unter dem Argument der Transparenz wäre das sicherlich ein Rückschritt.

Be Sociable, Share!

Mein Echo