Lobbying genau zu definieren ist gar nicht so schwer
von Andreas HugiDer Schweizer Lobbyisten-Verband SPAG diskutiert am Dienstag an seiner Generalversammlung Anpassungen der Statuten und Standesregeln. Wie es sich für einen Verband in der Kommunikationsbranche gehört, passiert dies in der Öffentlichkeit der (sozialen) Medien und zwar derart, dass der „Tages-Anzeiger“ seine neuste Geschichte dazu mit „Spaltung“, „Showdown“ und anderen klickträchtigen Hochwertworten anreichern konnte.
Im Zentrum der geplanten Änderungen steht die Frage, inwieweit die Tätigkeit des Lobbyings klarer definiert werden muss, respektive welche Kommunikationsmandate ein SPAG-Mitglied auf der Verbandsseite offenlegen muss. Der bis anhin gültige Passus, dass die „Namen aller Auftraggeber, die durch das jeweilige SPAG-Mitglied direkt betreut werden“ offengelegt werden müssen, ist zu unklar und zu offen formuliert, weshalb der SPAG-Vorstand eine Einschränkung vorschlägt, wonach Mandate „ohne Kontakte mit Dritten (insbesondere Politik, Verwaltung und Medien“ nicht offengelegt werden müssten. Diese leider nicht sehr verständliche und nicht auf den üblichen Methoden-Definitionen abstützende Formulierung hat offenbar zu derartigen Missverständnissen geführt, dass nun das Wort der „Verwässerung“ der Standesregeln die Runde in der Community macht. Wieder sind die bösen Agentur-Lobbyisten im Fokus, welche nun verdächtigt werden, die Transparenz-Bemühungen der SPAG verwedeln zu wollen, weil sie sich dagegen wehren, alle ihre PR-, Marketingskommunikations-, Werbe- oder Kampagnen-Mandate offenlegen zu müssen.
Dabei wäre alles relativ einfach zu regeln: Mitglieder der Schweizerischen Public Affairs-Gesellschaft sind Lobbyisten. Diese betreiben Lobbying und müssen in einem Lobby-Register ihre Lobbying-Mandate offenlegen. Und zwar nur diese. Keine Marketing-, keine PR- und keine sonstigen Beratungsmandate, bei denen sowieso kein gesellschaftliches Interesse nach Transparenz herrscht. Was ist nun Lobbying genau? In der Literatur finden sich zwar unzählige Definitionen von Lobbying. Im Kern ist ihnen aber allen gemein, dass sie Lobbying als Prozess der Artikulation von Interessen zur Beeinflussung politischer Entscheide beschreiben, wie Sabine Etter in ihrer Masterarbeit zu einem Lobbyregister gut zusammenfasst. Meine liebste Lobbying-Definition stammt nach wie vor von Peter Köppl: «Lobbying ist die beabsichtigte Beeinflussung von politischen Entscheidungen durch Personen, die nicht an diesen Entscheidungen beteiligt sind.» (in: Schmid, Beat. Unternehmenskommunikation. 2006, S: 183ff.). Nach Köppl ist Lobbying zudem gemäss der «Triple Eye»-Regel durch folgende drei Kernaspekte gekennzeichnet:
- punktuelle und systematische Vertretung der Interessen des Auftraggebers (Interest Representation),
- Informationsaustausch in Verbindung mit den legitimen Interessen zum Vorteil des Entscheidungsträgers und des Auftraggebers (Information Exchange)
- sowie informelles, d.h. nicht öffentliches Vorgehen (Informal Operations) (zusammengefasst durch Etter).
Natürlich kann in der Praxis eine Abgrenzung von Lobbying zu anderen Kommunikationsdisziplinen nie ganz messerscharf gezogen werden. Doch eine klare Differenz gibt es so gut wie immer: PR-Massnahmen richten sich an die Öffentlichkeit oder an Teilöffentlichkeiten, während sich Lobbying an politische Entscheidungsträger richtet und zumindest teilweise diskret und unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. Übrigens: Auch unsere österreichischen Kollegen regeln in ihrem Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetz aus dem Jahre 2013 die Verhaltens- und Registrierungspflichten „bei Tätigkeiten, mit denen auf bestimmte Entscheidungsprozesse in der Gesetzgebung oder Vollziehung des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände unmittelbar Einfluss genommen werden soll”, wählen also auch den Weg einer relativ engen und präzisen Lobbying-Definition. Nur eine solche garantiert ein klar fassbares Lobbyregister welche mehr Fragen beantwortet als aufwirft.