Sep
10

Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert

von

Gastbeitrag von Peter Metzinger (Co-Gründer & Verwaltungsratspräsident The Reputation Rescue Company AG)

Dieser oft fälschlich Wilhelm Busch oder auch Bert Brecht zugeschriebene Satz klingt sicher merkwürdig aus der Feder eines Co-Gründers einer Agentur mit dem Namen The Reputation Rescue Company. Dennoch lohnt es sich, die Frage zu beleuchten, ob es nicht auch Situationen gibt, in denen dieser Satz den besseren Weg, aus einer Auswahl weniger guter Wege, weisen kann.

Vor wenigen Wochen wurde im Schweizer Fernsehen behauptet, ein bekannter Interessensverband sei speziell mit einer der Bundesratsparteien verbändelt. Die Sendung vermittelte den Eindruck, die Vertreter dieser Parteien würden durch den Verband regelrecht gesteuert. Einzelne Politiker wurden interviewt. Dabei wurde teilweise gänzlich abgestritten, dass es überhaupt Kontakt mit Verbandsvertretern gab, oder dass deren Unterlagen gelesen wurden. Diese Aussage wirkte im Kontext des Berichts derart unglaubwürdig, dass es sich um Notlügen eines Parlamentsmitglieds zu handeln schien, das sich bedrängt fühlte und keine bessere Antwort wusste. Ob dem so war oder nicht sei dahingestellt.

Manchmal ist es besser, ein Vergehen zuzugeben, das man gar nicht begangen hat, als es abzustreiten.

In China kennt man dies als das Strategem Nr. 11: “Der Pflaumenbaum verdorrt anstelle des Pfirsichbaums.” (Siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/36_Strategeme) Damit ist gemeint, dass man etwas weniger Wertvolles aufgibt, um etwas Wertvolleres zu retten oder zu erhalten. Das Wertvollere wäre in diesem Fall die persönliche Glaubwürdigkeit, das weniger Wertvolle das Image einer Person, die gar nicht lobbyiert wird.

Denn wer etwas Offensichtliches bestreitet, schafft aus der ersten Geschichte (“Parlamentarier lassen sich von Lobbyisten informieren”) eine zweite Geschichte, die vielleicht viel schlimmer ist (“Parlamentsmitglied xy streitet die Tatsache ab, durch Lobbyisten informiert worden zu sein – was hat dieses Mitglied zu verbergen?”).

Was kann man also PolitikerInnen empfehlen, die mit solchen Vorwürfen konfrontiert werden?

  1. Auch wenn es nicht stimmt, zugeben, dass man Kontakt mit Lobbyisten und auch schon von diesen Informationen erhalten hat. Es abzustreiten wäre schädlich, weil es sowieso nicht geglaubt würde und einen deshalb als Person unglaubwürdig macht. Zudem gibt es so viele Lobbyisten, dass man gar nie mit letzter Sicherheit behaupten kann, es gäbe keine Kontakte.
  2. Vorwärtsstrategie: die Wichtigkeit erläutern, dass man sich eine ausgewogene – eigene!! – Meinung bildet, und dass man dazu nicht nur die Medien konsumieren, sondern auch die Informationen von Spezialisten aus allen Lagern braucht. Wer nur die Spezialisten des einen Lagers anhört, wird voreingenommen sein. Wer sich als jemand positionieren will, der oder die sich auf dem Themengebiet, über das diskutiert wird, genügend auskennt, kann gar nicht anders, als mit Vertretern aller Lager zu sprechen oder sich wenigstens von ihnen informieren zu lassen.

In diesem Sinne ist es besser, der Ruf der “niemals lobbyierten Person” ist ruiniert. Denn das Resultat ist die Aufrechterhaltung der eigenen Glaubwürdigkeit. Wer grundsätzlich glaubwürdig ist, kann Angriffe auf das eigene Image leichter abwehren. So wie Bill Clinton seinerzeit besser zugegeben hätte, dass er eine Affäre hatte – aus dem Skandal um sein Privatleben wäre dann nicht auch noch ein Skandal um seine Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit geworden -, so ist es besser, zuzugeben, dass man lobbyiert wird. Es ist ja auch nichts Schlimmes daran, sich eine ausgewogene Meinung zu bilden. Oder?

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Kategorien : Lobbying

Kommentare

  1. [...] vollen Artikel gibt es hier Dieser Beitrag wurde am Donnerstag, 10. September 2009 um 09:01 Uhr veröffentlicht und [...]

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