Archiv für Juni, 2014

lobbytransparenzDie Masterarbeit “Lobbytransparenz – Möglichkeiten und Grenzen einer Regelung in der Schweiz” von Sabine Etter ist nun verfügbar und kann hier heruntergeladen werden. Die Autorin hat diese im Dezember 2013 als Abschlussarbeit im Master of Advanced Studies in Communication and Leadership an der ZHAW in Winterthur eingereicht.

Transparenzregelungen im Lobbying haben in der Schweiz einen schweren Stand. Dies kommt nicht von ungefähr: Die besonderen politischen Bedingungen mit direktdemokratischen Elementen und Vernehmlassungsverfahren garantieren den Interessenausgleich und stärken das Vertrauen ins Politsystem. Die Lobbybranche ist vergleichsweise überschaubar und im Parlament hoch angesehen – Lobbyisten treten transparent und professionell auf. Zudem ist die Schweiz im Gegensatz zu anderen Staaten bisher von Lobbyskandalen verschont geblieben. Dennoch ist ein eigenes Akkreditierungssystem für den Zutritt zum Bundeshaus gegenüber einer Selbstregulierung der Branche vorzuziehen. Dies hat eine qualitative Befragung von Parlamentariern und Lobbyisten ergeben, die Sabine Etter im Rahmen ihrer Masterarbeit an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) durchgeführt hat. Die Ergebnisse der Befragung zeigen eine weitgehende Übereinstimmung mit den Forderungen der – mittlerweile leider gescheiterten – parlamentarischen Initiative von Andrea Caroni (FDP).

Akkreditierung und Transparenzregister

In Orientierung an die Akkreditierung für Medienschaffende sollte ein abgestuftes Akkreditierungssystem für Interessenvertreter geschaffen werden. Eine permanente Akkreditierung für die Dauer einer Legislatur könnten diejenigen beantragen, die sich im Umfang von mindestens 60 Prozent mit der Bundespolitik beschäftigen. Interessenvertreter würden für eine Session akkreditiert, wenn sie Interessen bezüglich in der Session behandelter Geschäfte vertreten. Einen Tagesausweis schliesslich könnten sporadische Interessenvertreter sowie Mitarbeiter permanenter Interessenvertreter beantragen. Voraussetzung für die Akkreditierung müsste in allen Kategorien die Verpflichtung zur Einhaltung des Verhaltenskodex sowie der Eintrag ins Transparenzregister unter Angabe von Name und Arbeitgeber sein. Agenturen und Selbstständige hätten zudem sämtliche Mandate offenzulegen, für welche die Akkreditierung gewünscht wird. Das Register würde im Internet publiziert.

Akteure

In das Akkreditierungssystem sollten sämtliche Akteure aufgenommen werden, welche spezifische Interessen vertreten – neben Unternehmens-, Verbands- und Agenturlobbyisten auch Vertreter von NGOs und Institutionen sowie ehemalige Parlamentarier, sofern sie sich in Funktion der Interessenvertretung im Bundeshaus aufhalten. Ausgenommen von der Akkreditierung wären Ratsmitglieder, deren persönliche Mitarbeiter und Gäste sowie Vertreter der Bundesverwaltung und Kantone. Der Einbezug von Anwaltskanzleien und Rechtsanwälten in nicht anwaltschaftlicher Funktion könnte geprüft werden.

Umsetzung und Kontrolle

Für die Ausarbeitung des Verhaltenskodex – im Wesentlichen „Hausregeln“ und Ehrenkodex – sowie die Prüfung der Akkreditierungsanträge könnten Berufs- und Branchenverbände einbezogen werden. Fehlverhalten würde schriftlich verwarnt und im Wiederholungsfall der Entzug der Akkreditierung drohen. Auf Basis einer Auswertung der tatsächlich erfolgten Zutritte bliebe ein durch die Parlamentsdienste verfügter Kategorienwechsel vorbehalten, ebenso die Verpflichtung von Gästen und ehemaligen Parlamentariern zur Eintragung ins Transparenzregister. Nicht zu empfehlen ist eine zahlenmässige Beschränkung der Interessenvertreter. Lobbying ist zwar ein wachsender Trend, eine Lobbyistenflut aufgrund des eigenen Akkreditierungssystems ist hingegen kaum denkbar. Vielmehr ist ein deutlicher Rückgang bei der Vergabe von Gästebadges und bei den Tagesgästen zu erwarten.

Eine solche Regelung würde dem Trend zur Professionalisierung des Lobbyings Rechnung tragen und dürfte zweifelsohne der Reputation der Branche dienen. Die Auflösung der Abhängigkeiten über den Gästebadge käme aber auch dem Ansehen der Parlamentarier zugute und würde – auch ohne vorgängigen Skandal – die Prozesse der politischen Entscheidfindung in der Schweiz transparenter gestalten.

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