Archiv für Juni, 2013

Aus Anlass einer Diskussion mit Parlamentariern zum Thema Lobbying und Transparenz habe ich vier Thesen zum Thema Lobbying und Transparenz niedergeschrieben, welche Widerspruch, Zuspruch und Diskussionen wecken sollen:

These 1: Lobbying bleibt ein Wachstumsmarkt, der sich weiter professionalisiert

Der „Lobbying Survey Switzerland 2011“ von Burson-Marsteller formuliert vier Trends im Geschäft der politischen Interessenvertretung in der Schweiz:

  1. Die Differenzierung der politischen Rollen nimmt weiter zu. Daraus entsteht ein erhöhter Be-darf an Lobbying.
  2. Es gibt einen Trend hin zur Standardisierung des Lobbying-Angebots.
  3. Die ethischen und politischen Grenzen des Lobbyings werden zum Thema.
  4. Lobbying wird immer mehr nachgefragt und immer stärker professionalisiert.

Die in der Schweiz noch relativ junge Branche der politischen Interessenvertretung wird also weiter wachsen und wird sich weiter professionalisieren. Dazu gehört auch, sich den ethischen und politischen Fragen zu Transparenz, Korruption und eigenem Rollenverständnis zu stellen.

These 2: Transparenz wird zum Selbstzweck und ist nicht aufzuhalten

Neben generellen Transparenz-Themen wie Offenlegung der Politikereinkünfte und der Parteienbudgets konzentriert sich die aktuelle Transparenz-Diskussion vor allem um Transparenzbemühungen bei den Lobbyisten. Diese Debatte und die damit verbundenen Forderungen können infrage gestellt werden (wie viel Transparenz braucht es überhaupt?), die Debatte und die Tendenz sind aber nicht aufzuhalten. Transparenz ist politisch zu einem Selbstzweck geworden, der nicht hinterfragt wird.

These 3: Die Lobbyisten wollen Transparenz, um Ruhe zu haben und das Parlament hat Angst vor einer „Lobbyisten-Schwemme“

Sowohl der PR-Branchenverband (BPRA) als auch der Lobbyisten-Berufsverband (SPAG) setzen sich für eine transparente und professionelle Interessenvertretung von Firmen, Verbänden und NPO ein. Beide befürworten eine offizielle Akkreditierung für Lobbyisten. Die Parlamentarier hingegen haben Angst, dass eine offizielle Akkreditierung eine eigentliche „Lobbyistenschwemme“ auslösen würde.

These 4: Der Zutritt zur Wandelhalle muss geregelt werden. Dies ist das vordergründig dringendste, aber nicht das wichtigste Anliegen

Die parlamentarische Initiative Caroni (12.430), welche am 28. Mai in der SPK-N unterstützt wurde, hat folgende Eckwerte:

  • Einbezug von allen Interessenvertretern (Lobbyisten, alt Parlamentarier, usw.)
  • Ablösung der Zutrittskarten durch ein Akkreditierungssystem für Interessenvertreter
  • Transparenz über die Mandanten und Arbeitgeber von Interessenvertretern
  • Klare Verhaltensregeln für Interessenvertreter im Bundeshaus, inkl. Sanktionsmöglichkeiten
  • Einbezug der Möglichkeit der Selbstregulierung durch die Branche

Es scheint politischer Konsens zu herrschen, dass das bestehende Badgesystem abgelöst werden muss. Ebenso klar ist aber, dass Lobbytransparenz nicht (nur) über den Zugang zur Wandelhalle geregelt werden kann. Es wird hier eine Stellvertreterdiskussion geführt. Die spannendere und relevantere Diskussion wäre, die Frage des Lobbyings durch die Verwaltung, die Grenzen zur Korruption oder die Transparenz im vorparlamentarischen Prozess (Anhörungen etc.) zu führen.

Categories : Lobbying
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