Archiv für Juni, 2010

Nachdem die nationalrätliche Kommission am 14. Januar die parlamentarischen Initiative Graf-Litscher “Lobbying und Transparenz im Bundeshaus” unterstützte, hat im März die ständerätliche Kommission die Initiative deutlich mit 6 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt. Begründet wurde die Ablehnung mit der Befürchtung, dass sich mit einem Lobbyregister und der Pflicht zur Offenlegung von Lobbymandaten die Zahl der Lobbyisten, welche sich künftig im Bundeshaus tummeln könnten, deutlich erhöhen könnte. Die Initiative gelangt nun wieder in den Nationalrat. wandelhalle.ch hat dazu Nationalrätin Edith Graf-Litscher (SP/TG) befragt.

wandelhalle.ch: Frau Graf-Litscher, seit neun Jahren ist Ihre parlamentarische Initiative „Lobbying und Transparenz“ der erste Vorstoss, der eine transparente Regelung der Lobbyaktivitäten in der Wandelhalle verlangt. Das Thema scheint Ihre Kolleginnen und Kollegen in der Vergangenheit nicht grossartig beschäftigt zu haben. Weshalb? Ändert das nun?

Graf-Litscher: Ich bin der Ansicht, dass die Interessenvertretung ein legitimes Element in einem demokratischen System ist. An der heutigen „Gotte/Götti-Regelung“ stört mich, dass sie unbefriedigend und nicht transparent ist. In vielen Gesprächen mit meinen Kolleginnen und Kollegen im Parlament habe ich festgestellt, dass drei Haupthaltungen existieren. Die einen finden, es braucht überhaupt keine Lobbyisten im Bundeshaus, wir kennen uns selber bestens in den Geschäften aus. Die zweite Gruppe teilt meine Haltung, dass  Lobbyisten Teil eines demokratischen Systems sind und dass Handlungsbedarf bei der Transparenz und bei der Qualität besteht. Die dritte Gruppe sieht keinen Handlungsbedarf an der heutigen Situation etwas zu ändern.  Durch die Diskussion über die parlamentarische Initiative ist das Thema nun präsenter in Bundesbern.  

Am 19. August wird Ihre parlamentarische Initiative betreffend „Lobbying und Transparenz“ wieder in der nationalrätlichen Kommission (SPK) zur „Vorprüfung und Differenzbereinigung“ behandelt – nachdem die nationalrätliche Kommission im Januar Ihre Initiative  bereits unterstützt hat und im März die ständerätliche Kommission die Initiative hingegen abgelehnt hat. Wie beurteilen Sie die Chance, dass Ihr Anliegen schlussendlich eine Mehrheit findet und umgesetzt wird?

In verschiedenen Gesprächen, und da sind natürlich auch die Lobbyisten selber sehr wichtig, müssen wir gemeinsam aufzeigen, welche Vorteile eine transparente  Akkreditierung für Lobbyisten gegenüber der heutigen Regelung hat. Ich bin zuversichtlich, dass die Parlamentarische Initiative, vielleicht leicht modifiziert, eine  Mehrheit finden wird.

Mit Ihrer Initiative wollen Sie mittels Änderung des Parlamentsgesetzes die Akkreditierung für Lobbyisten einführen, gekoppelt an ein öffentlich einsehbares Register und dem Zugangsrecht zur Wandelhalle. In diesem öffentlichen Lobbyregister wären dann zwingend die Mandate der akkreditierten Lobbyisten inklusive Mandatshöhe anzugeben. Zudem verlangen Sie es eine klare Definition, wer Lobbyist ist und wie mit Rechtsanwälten zu verfahren ist, die Public Affairs-Mandate betreuen und sich auf ihr Anwaltsgeheimnis berufen. Gegen dieses Anliegen kann man doch nicht ernsthaft sein. Woher der Widerstand?

Mir geht es genau so, dass ich keine stichfesten Argumente sehe, welche gegen diese Lösung sprechen. Ich habe den Eindruck, dass der Widerstand aus dem Bauch kommt, so wie man vor etwas Angst hat, dass man aber gar nicht genau beschreiben kann. 

Was halten Sie von der Idee, dass die Branche – im Falle eines Scheiterns Ihrer Initiative – ein freiwilliges Lobbyregister lanciert?

Die Realisierung eines öffentlich zugänglichen Lobbyregisters ist ein zentrales Anliegen meines Vorstosses. Sollte dafür im Parlament keine Mehrheit gefunden werden, kann ein freiwilliges Register ein Schritt in die richtige Richtung sein.

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Die WELWOCHE hat zum zweiten Mal die Liste derjenigen Personen veröffentlicht, welche über einen Besucherausweis eines Parlamentariers verfügen und damit freien Zugang in die Wandelhalle haben. Damit hat die WELTWOCHE eine Art eines inoffiziellen “Lobyistenverzeichnisses” publiziert. Leider wird diese Liste nicht offiziell von Seiten der Parlamentsdienste veröffentlicht.

Jeder Schweizer Parlamentarier hat das Recht, zwei Besucherausweise zu vergeben – zum Beispiel an persönliche Mitarbeiter, Familienmitglieder, Verbandsvertreter oder Lobbyisten. Diese Besucherausweise ermöglichen den freien Zugang zur Wandelhalle und werden gemeinhin als “Lobbypässe” bezeichnet.

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Die FDP-Fraktion forderte in der letzte Woche zu Ende gegangenen Sommersession mehr Transparenz des Bundes bei Vergabe von PR-Mandaten. Dazu hat sie ein Postulat eingereicht, in welchem sie vom Bundesrat eine regelmässige Berichterstattung bei der Vergabe von Mandaten an PR-Agenturen fordert.

Die PR-Tätigkeiten und Informationskampagnen des Bundes seien – so die FDP-Fraktion in ihrem Postulat – immer wieder Gegenstand der Medienberichterstattung – leider fehle die Transparenz vollkommen. Weil bisher offenbar keine Daten zur Zusammenarbeit mit PR-Firmen erhoben würde, möchte die FDP-Fraktion den Bundesrat mit der regelmässigen Berichterstattung über die nachfolgenden Punkte beauftragen:

  • Wie viele Mandate werden vergeben, und was ist deren Inhalt? Welche Firmen werden berücksichtigt? Wie erfolgt das Auswahlverfahren? Weshalb werden externe Kommunikationsspezialisten beigezogen?
  • Existiert eine einheitliche Vergütungspraxis? Wie hoch sind die Saläre, und wie gross ist die Bandbreite zwischen geringstem und höchstem Stunden- resp. Tagesansatz?

Ursprung dieser parlamentarischen Intervention ist die Hörgeräte-Kampagne des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV), welche viel medialen Wirbel erzeugt hatte.Die FDP-Fraktion schreibt in ihrer Begründung, dass angesichts der grossen Kommunikationsstäbe in der Verwaltung „der Beizug von Fachleuten (…) auf ein Minimum reduziert werden (soll)“.