Archiv für März, 2010

Im Zuge der aktuellen Transparenzdebatte auf EU-Ebene, in Deutschland, aber auch in der Schweiz, gewinnt Public Affairs „mit offenem Visier“ zunehmend an Bedeutung. In der Schweiz gibt es bis heute keine eigene Akkreditierung für Lobbyisten, ganz zu schweigen von einem öffentlich einsehbaren Register . Dass die Schweiz in diesen Belangen für einmal Europa nicht hinterher hinkt, ist zumindest ein schwacher Trost.

Der parlamentarische Versuch, eine solche Transparenz-Regelung im Parlamentsgesetz zu verankern, scheint gescheitert zu sein: Zu schwach war die Unterstützung in der nationalrätlichen Kommission und zu deutlich war die Ablehnung in der ständerätlichen Kommission. Man braucht kein Prophet zu sein, um der parlamentarischen Initiative von Edith Graf-Litscher in der kommenden Debatte im Plenum ein kurzes Leben vorauszusagen. Was tun?

Freiwilliges Branchenregister mit Q-Label-Status

Klare Transparenz-Regeln in der Kommunikationsbranche allgemein und speziell bei der politischen Interessenvertretung sind ein absolutes Muss. Die Schlussfolgerung scheint klar zus ein: Die Branche muss nun ein eigenes, freiwilliges Lobbyregister lancieren. Jeder Lobbyist, der etwas auf sich und seine Arbeit hält - ob inhouse (Verband/Firma) oder extern von einer Agentur – sollte ein grosses Interesse daran haben, dem Parlament und seinen Kunden zu zeigen, dass er transparent und professionell arbeitet. Damit würde sich die Branche in die bewährte schweizerische Tradition der Selbstregulierung und der Selbstorganisation der Branche stellen.

Ich bin überzeugt, dass der Eintrag in einem solchen öffentlich zugänglichen Register bei Parlamentariern und Kunden über kurz oder lang den Status eines Qualitätssiegels erlangen wird. Die Frage bleibt, wer einen solchen Schritt macht: Der Bund Schweizer PR-Agenturen (bpra), der Schweizerische PR-Verband prsuisse, der Berufsverband SPAG oder jemand anders – falls sich in nützlicher Frist nichts tut?

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Hat die staatspolitische Kommission des Ständerates (SPK-S) Angst vor zuviel Lobbyisten? Nachdem die nationalrätliche Kommission am 14. Januar die parlamentarischen Initiative Graf-Litscher “Lobbying und Transparenz im Bundeshaus” unterstützt hat, hat gestern die ständerätliche Kommission die Initiative deutlich mit 6 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt. Begründet wurde die Ablehnung mit der Befürchtung, dass sich mit einem Lobbyregister und der Pflicht zur Offenlegung von Lobbymandaten die Zahl der Lobbyisten, welche sich inskünftig im Bundeshaus tummeln könnten, deutlich erhöhen könnte.

Neben dieser doch recht eigentümlichen Argumentation fällt vor allem auf, dass sich dem Vernehmen nach vor allem linke Parlamentarier gegen die Transparenzbemühungen der Initiative gestellt haben. Immerhin hat die Kommission festgehalten, es zu prüfen bleibe,  “ob eine grössere Transparenz nicht auch ohne Gesetzesrevision erreicht werden kann, indem z.B. die Ausweise für den Zutritt zum Parlamentsgebäude mit genaueren Angaben über die Funktion ihrer Trägerinnen und Träger versehen werden.”

Bei Annahme der Initiative durch beide Kommissionen hätten direkt die Gesetzgebungsarbeiten beginnen können. Nun wird der Vorstoss irgendwann im Plenum des Nationalrates diskutiert. Die Chancen auf Unterstützung sind dabei als gering einzustufen.

Categories : Lobbying
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Zwei Jahre nachdem die EU-Kommission ein freiwilliges Lobbyregister eingerichtet hat, sind erst 40% der in Brüssel tätigen Public Affairs-Agenturen dort eingetragen. Dies zeigt eine kürzlich publizierte Studie der Transparenz-Organisation ALTER-EU. Im Vorfeld der Lancierung des freiwilligen EU-Registers wurden Befürchtungen – vor allem von Seiten “lobbykritischer” NPO – laut, ein freiwilliges Register genüge nicht. ALTER-EU nimmt die Ergebnisse ihrer Studie zum Anlass, die Freiwilligkeit erneut zu kritisieren.

Zudem verschärft ALTER-EU die Tonalität der Diskussion: Sie publiziert eine “blacklist“, der in Brüssel tätigen Public Affairs-Agenturen, welche nicht im Lobbyregister eingetragen sind und empfiehlt der EU-Kommission sowie den EU-Parlamentariern, keinen Kontakt mit nicht eingetragenen Agenturen zu pflegen. ALTER-EU hofft, dass ihre schwarze Liste ein wichtiges Arbeitsinstrument von Kommission und Parlament im Umgang mit Lobbyisten werde.

Nach Zählung von ALTER-EU sind erst 112 Agenturen und Anwaltskanzleien, welche Public Affairs-Dienstleistungen offerieren, im freiwilligen Lobbyregisetr der EU-Kommission eingetragen. In diesem Register legen die Agenturen ihre Mandate, welche in Brüssel betreut werden, offen und machen Angaben zur Höhe der Mandate. ALTER-EU kritisiert, dass insbesondere grosse und einflussreiche Agenturen und Anwaltskanzleien (noch) nicht eingetragen seien.

Categories : International, Lobbying
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Mrz
10

Die gläserne Parteikasse?

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Der Nationalrat hat gestern drei parlamentarische Initiativen aus der linken Ratshälfte abgelehnt, mit denen die Parteien gezwungen worden wären, ihre Finanzen und Spenden offenzulegen. Die SP wollte, dass Parteien, Kandidierende und Abstimmungskomitees gesetzlich zur Finanz-Transparenz verpflichtet werden, die Grünen hingegen wollten dies nur von den Parteien fordern. Einfallsreich war der Vorschlag von Nationalrat Andreas Gross, der vorschlug, der Bund solle alle Parteispenden von Schweizer Bürgern verdoppelt, wenn die Parteien während eines Wahljahrs alle finanziellen Zuwendungen offenlegen.

Von all diesen Vorschlägen wollten die bürgerlichen Parteien nichts wissen. Zu leicht könnten solche Transparenz-Regeln umgangen werden, erläuterte Roberto Schmidt (CVP/VS) im Namen der vorberatenden Kommission. Als besonders problematisch erachtet werde die Offenlegung der Spender-Namen. Der Rat folgte dem Antrag seiner Kommission, das Thema “endlich zu begraben” (Schmidt).

Es ist offensichtlich: Wer über Transparenz in der politischen Kommunikation und im Lobbying spricht, muss das Thema auch auf die Parteien ausdehnen und landet unweigerlich beim Thema Parteienfinanzierung. Es darf hier aber nicht von der Lobbying-Transparenzdebatte die falsche Analogie zu den Parteien und Komitees gezogen werden: Da wir in unserem Land keine Parteienfinanzierung kennen, gibt es auch keinen Grund, die Finanzen von Vereinen (was Parteien und Komitees ja sind) offenzulegen. Bei der Verpflichtung zur “gläsernen Parteikasse” gäbe es keinen Grund, mit dieser Transparenz vor Verbänden, NPO’s, Interessenvereinigungen und Abstimmungs- sowie Wahl-Komitees Halt zu machen. Wollen wir das? Macht das wirklich Sinn?