Archiv für Januar, 2010

Unser Parlament wird in den nächsten Monaten entscheiden, ob es mittels Änderung des Parlamentsgesetzes die Akkreditierung für Lobbyisten einführen will, gekoppelt an ein öffentlich einsehbares Register und dem Zugangsrecht zur Wandelhalle. Im öffentlichen Lobbyregister wären dann zwingend die Mandate der akkreditierten Lobbyisten inklusive Mandatshöhe anzugeben (analog USA). Zudem braucht es eine klare Definition, wer Lobbyist ist und wie mit Rechtsanwälten zu verfahren ist, die Public Affairs-Mandate betreuen und sich auf ihr Anwaltsgeheimnis berufen.

Freiwilliges Lobbyregister der Branche mit Q-Label-Potential?

Sollte das Parlament diesen Schritt nicht wagen, muss meiner Meinung nach die Branche ein eigenes, freiwilliges Lobbyregister lancieren. Dies wäre klar “second best”, aber besser, als nichts zu tun. Ich bin überzeugt, dass der Eintrag in einem solchen öffentlich zugänglichen Register bei Parlamentariern, Verbänden, Firmen und Medien über kurz oder lang den Status eines Qualitätssiegels erlangen wird. Unsere Agentur führt seit ihrer Gründung vor vier Jahren sämtliche Public Affairs-Mandate offen und transparent auf ihrer Website auf. Die Erfahrungen, die wir mit dieser freiwilligen Transparenz machen, sind mehr als positiv.

EU will an Freiwilligkeit des Lobbyregisters festhalten

Die neu zusammengesetzte EU-Kommission will die begonnene Transparenz-Initiative fortsetzen und an der Freiwiligkeit des Lobbyregisters festhalten: Maros Sefcovic, der als designierter Vizepräsident der Kommission für interinstitutionelle Beziehungen und Verwaltung für die Transparenzinitiative der Kommission zuständig sein wird, hat in seiner Anhörung vor dem EU-Parlament am 18. Januar angekündigt, die Initiative fortzusetzen und auch Anwaltskanzleien im Bereich Lobbying zur Registrierung zu bewegen. Handlungsbedarf sieht der zukünftige Kommissar auch beim Thema Seitenwechsel (Wechsel von der Verwaltung in die Industrie oder Beratung). Das EU-Recht sieht für diese Art von Seitenwechsel eine verpflichtende Genehmigung vor. In seiner Anhörung erklärte Sefcovic weiter, dass er von der Freiwilligkeit des EU-Lobbyregisters überzeugt sei. Hier ist das Parlament anderer Meinung. Vielleicht können sich Kommission und Abgeordnete darauf einigen, das Zugangssystem zum Parlament als Ergänzung in die EU-Transparenzinitiative aufzunehmen.

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Die staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK-N) hat gestern Donnerstag äusserst knapp der parlamentarischen Initiative Graf-Litscher “Lobbying und Transparenz im Bundeshaus” Folge gegegen (11:11, mit Stichentscheid des Präsidenten). Das heisst, sie hat die Initiative unterstützend an ihre Schwesterkommission im Ständerat durchgewunken. Dem Vernehmen nach haben sich vor allem SVP- und CVP-Parlamentarier gegen eine konsequente und transparente Regelung für Lobbyisten gewehrt. Das Geschäft wird nun von der ständerätlichen Kommission behandelt und zwar am 18. Februar oder am 22./23. März 2010.

Gemäss Mitteilung der SPK lehnt die Kommissionsminderheit die Initiative ab, weil sie befürchtet, “dass eine Neuregelung eine unerwünschte Aufwertung des Lobbyismus mit sich bringt. Im Übrigen habe der Lobbyismus im Parlamentsgebäude eine viel geringere Bedeutung, als die Öffentlichkeit und die Lobbyisten selbst glauben.”

Diese Haltung des unbeeinflussbaren Parlamentariers, der in vollkommener Unabhängigkeit und nur der Staatsraison folgend entscheidet, ist sicher redlich. Vielleicht haben aber die Parlamentarier, welche diese Haltung vertreten, einfach zu viel Rousseau gelesen und sich zu wenig den heutigen Realitäten gestellt.

Interessant ist auch der Schluss der Medienmitteilung der SPK: “Wer den politischen Entscheidungsprozess wirksam beeinflussen will, hat andere und bessere Mittel als die Ansprache von Ratsmitgliedern in der Wandelhalle während der Sessionen, nachdem alle wichtigen Vorentscheide in den Kommissionen bereits gefallen sind.”

Wer Lobbying nur als Direktansprache von Parlamentariern in der Wandelhalle und während der Schlussabstimmung versteht, hat mit dieser Aussage sicher recht. Aber auch nur dann.

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Morgen Donnerstag entscheidet die staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK N) darüber, ob sie den politischen Willen hat, mit der Transparenz bei den Lobbyisten Ernst zu machen, oder ob sie in der heutigen unhaltbaren Situation weiter verharren will.

Die letzten Herbst im Nationalrat eingereichten Vorstösse, welche ein transparentes und verbindliches Lobbyregister fordern, werden morgen Donnerstag in der SPK behandelt. Nationalrätin Edith Graf-Litscher (SP) fordert zusammen mit 45 Mitunterzeichnern (!) in einer parlamentarischen Initiative gesetzliche Bestimmungen, welche den Zugang von Lobbyisten zum Parlamentsgebäude regeln. Die gleiche Stossrichtung hat eine Motion von Nationalrat Lukas Reimann (SVP).

Der Lobbyblog wandelhalle.ch erlaubt sich in aller Bescheidenheit einen Aufruf an die SPK-Mitglieder: Bitte unterstützen Sie diese Vorstösse und legen Sie damit die Grundlage für eine transparente Regelung der Lobby-Tätigkeit in der Schweiz. Gerade die Branche hat ein grosses Interesse an einer guten, offenen und transparenten Regelung, aber auch die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes haben ein Anrecht darauf zu wissen, wer welche Interessen in Bern vertritt.

Was wäre unserer Meinung nach zu tun: Die folgenden Punkte wären zu diskutieren, in Frage zu stellen und allenfalls zu regeln:

  1. eine eigene Akkreditierung für Lobbyisten (analog Bundeshausjournalisten), gekoppelt an ein öffentlich einsehbares Register (z.B. auf der Parlamentswebsite, mit Foto)
  2. Offenlegung der Mandate der akkreditierten Lobbyisten (analog EU und USA)
  3. Definition, wer Lobbyist ist und Regelung wie mit Rechtsanwälten zu verfahren ist, die Mandate betreuen und sich auf ihr Anwaltsgeheimnis berufen (wollen)
  4. Regelung, wie mit den Besucherausweisen der Parlamentarier weiter zu verfahren ist (ersatzlose Streichung zugunsten neuem Register oder paralleles Weiterbestehen)
  5. Kodex der Lobbyisten (analog EU-Kodex)
  6. Angst vor einer “Überschwemmung der Wandelhalle” nehmen

Wir sind gespannt auf die morgige Debatte und hoffen auf einen mutigen Schritt. Wir bleiben dran.

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Jan
13

Der Aktenkoffer des Abgeordneten

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Ein Einblick in die Vorgehensweise Berliner Lobbyagenturen von Simone Wagner, politreport, Berlin

Was hat ein Mitglied des deutschen Bundestages im Aktenkoffer, wenn er oder sie zu einer Abstimmung geht? Den Gesetzesentwurf der Bundesregierung, den Gesetzesentwurf der Opposition, das Positionspapier der Fraktion, Statements der relevanten Unternehmen, vielleicht die Protokolle der öffentlichen Anhörungen, ein paar Tageszeitungen und in der Idealwelt des Lobbyisten ein Informationspapier seiner Agentur.

Lobbyismus wird auch in Deutschland zunehmend kritisch betrachtet. Wie kommen Positionspapiere in die Aktenkoffer der Bundestagsabgeordneten? Fanden vorher Absprachen zwischen dem Lobbyisten und dem Abgeordneten in diskreter Umgebung oder gar in illustrer Herrenrunde statt? Die Skepsis gegenüber Lobbyismus hat verschiedene Gründe. Sie ist in nicht unerheblichen Ausmass der Tatsache geschuldet, dass der Öffentlichkeit die Arbeitsweise von Interessenvertretern kaum bekannt ist. Daran tragen nicht zuletzt Lobbyisten, Verbände und Unternehmen selber bei. Verschwiegenheit und das Fehlen von Transparenz gehören nicht selten zum langjährig gepflegten Image und dem Geschäftskonzept. Die Wahrnehmung von Interessen und Vermittlung von Positionen sind allerdings weder Hexenwerk noch Geheimwissenschaft. Doch wie genau arbeiten professionelle Interessenvertreter in Berlin?

Viele junge Lobbyisten beginnen ihre Karriere als Trainee in einer der vielen Agenturen für politische Kommunikation in Berlin. Diese werden von Unternehmen beauftragt Unterstützung für ihre Interessen in der Politik zu suchen. Einer dieser Nachwuchslobbyisten ist Tim Hauser*. Er hat Politikwissenschaften studiert, einige Erfahrungen in einem Abgeordnetenbüro gesammelt und lernt jetzt als Nachwuchslobbyist die Frage nach dem Weg in den Aktenkoffer zu beantworten.

Lesen Sie den ganzen Artikel bei politreport/NZZonline.

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Jan
04

Der gläserne Parlamentarier?

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Die Initianten dieses Blogs setzen sich für mehr Transparenz in der politischen Kommunikation in der Schweiz ein – speziell bei Lobbyisten. Transparenz wird aber auch immer mehr von Parlamentariern und von Regierung und Verwaltung gefordert. Das ist natürlich gerechtfertigt. Bisweilen treiben aber diese Transparenzbemühungen und –Forderungen auch seltsame Blüten: Ab und zu scheint die US-amerikanische Attitüde auch in Europa Überhand zu nehmen, möglichst viele Daten zu generieren, diese auf einen Haufen zu werfen und dieses Produkt dann Transparenz zu nennen.

So erzählt das EU-Newsportal Euractiv mit bewunderndem Unterton die Geschichte des grüne EU-Abgeordnete Reinhard Bütikofer, der als Vorbild für Transparenz mit gutem Beispiel vorangehen will und seit vergangenem Herbst alle seine Treffen mit Verbänden, Institutionen und Lobbyisten auf seiner Website öffentlich macht. Die Idee hat der Abgeordnete Bütikofer anscheinend direkt aus dem Weissen Haus importiert: Dort werden auf Anweisung von Präsident Obama seit vergangenem September (fast) alle Besucher des Weissen Hauses veröffentlicht, mit der Folge dass sich nun auf der White House – Seite 25’000 Besuchereinträge finden und sich der geneigte Leser nun fragen kann, was dieser Datenfriedhof genau mit Transparenz zu tun hat.

Auch in Deutschland gibt es zwei leuchtende Beispiele „gläserner Abgeordneter“: Der CDU-Bundestagsabgeordnete Joachim Pfeiffer stellt schon seit Jahren eine Übersicht seiner Termine mit Lobbyisten ins Netz:  und der SPD-Abgeordnete Ulrich Kelber bezeichnet sich sogar selbst als „der gläserne MdB“ und stellt nicht nur seine Gesprächstermine, sondern auch seine Steuererklärungen und Reisen ins Netz.

Der interessierte Leser surft nun mit voyeuristischem Interesse durch die Kalender der Abgeordneten und die Besucherlisten des Weissen Hauses und bleibt danach leicht ratlos zurück: Aha, das ist jetzt also Transparenz.

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